Freitag, 7. Oktober 2011

Lassen wir uns Zeit

Haber Türk, 7. Oktober 2011, Seite 1
Sefika Etik in Manisa war vor ihrem gewalttätigen Ehemann in ein Frauenhaus geflohen. Neunzehn Jahre lang hatte sie seine Prügel eingesteckt und seine Kinder groß gezogen. Doch irgendwann war es ihr zu viel und sie in der Hoffnung auf ein besseres Leben ging sie ins Frauenhaus. Er bereute, er gelobte Besserung, wollte sich bestimmt auch wieder einen Job suchen, wenn sie nur zurück käme. Zwei Kinder, fast zwanzig Jahre und Frauenhäuser bieten auch nicht für immer eine Perspektive. Also ließ sie sich von Ibrahim überreden und kam mit nach Hause. Nur eine Stunde währte das neue Glück: Dann ragte in ihrem Rücken ein Fleischermesser und ihr Mann versuchte das Haus anzuzünden um die Spuren zu beseitigen, die ihn als Mörder eindeutig entlarven würden.

Haber Türk, 7. Oktober 2011, Seite 27
H.Ö. war wegen Mordes im Gefängnis, ganze zehn Jahre hatte er verbüsst, als er durch eine Generalamnestie 2002 wieder auf freien Fuß kam. Er heiratete, aber die Ehe scheiterte. Nach nur vier Jahren ließ sich seine Frau im vergangenen Jahr scheiden. Aber Menemen bei Izmir ist überschaulich. Wenn man jemanden sucht, dann findet man auch. H.Ö. lauerte seiner Frau auf dem Weg zur Arbeit auf, zückte eine Pistole und schoss so lange auf Kopf und Brust, bis er sicher sein konnte, dass sie tot ist. Danach lieferte er sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei, konnte allerdings nicht entkommen.

Radikal, 7. Oktober 2011
Drei minderjährige Mädchen wurden unabhängig voneinander in Sanliurfa wegen Geburtswehen ins Krankenhaus eingeliefert. Eine Vierzehnjährige durfte sich auf die Geburt ihres ersten Kindes, das sie mit einem einundfünzigjährigen Verwandten erwartet, freuen. Allerdings nicht lange: den geltenden türkischen Gesetzen nach werden alle drei Väter wegen Unzucht mit Minderjährigen angezeigt werden.

Sabah, 7. Oktober 2011
Ramazan C. war nach einem Sturz aus großer Höhe so schwer verletzt, dass er in einem Krankenhaus in Gaziantep stationär behandelt werden musste. Dass dieser Krankenhausaufenthalt das Ende bedeuten würde, ahnte zu diesem Zeitpunkt nur sein Bruder. Dieser schritt mutigen Schrittes mit einer Pistole bewaffnet in das Krankenzimmer, forderte die Anwesenden auf zu gehen und als sie dem, ahnend was folgen würde, nicht nachkamen, erschoss er seinen kleinen Bruder eben vor ihren entsetzten Augen. Dann ging er auf die Polizeiwache des Krankenhauses, überreichte seine Waffe und erklärte: "Mein Bruder war eine Transe. Seit zwei Jahren schämen wir uns vor die Tür zu gehen. Unsere Ehre ist wieder hergestellt."

Twitter, 7. Oktober 2011
Ümit Boyner, Vorsitzende des Unternehmer- und Industriellenverbandes TÜSIAD, schämt sich. Das Kassationsgericht hatte ein Urteil, in dem es lautete, dass die dreizehnjährige N.C. "sich der ganzen Sache bewusst gewesen sei" und deswegen die Täter satte Strafminderung kassierten, bestätigt. 28 Männer, Soldaten, Dorfschützer und Ortsvorsteher hatten das Kind vergewaltigt. Sie trägt wohl eine Mitschuld. Oder hatte die Straftat provoziert?

Die Föderation der Frauenverbände in der Türkei hatte für den 5. Oktober eine Demonstration angesagt, auf der gegen Gewalt an Frauen demonstriert werden sollte. Doch dieser Termin wurde nun nach hinten verschoben. Denn man glaubt, so hieß es in einer Presseerklärung, an den guten Willen der neuen Familienministerin Fatma Sahin. Man räumt ihr eine Frist ein.
So viel Zeit haben wir sicher...

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