Donnerstag, 18. August 2011

Wie gefährlich ist die Schlange

Heute fand ich auf Seite 3 der Hürriyet eine bemerkenswerte Kurzmeldung. In knappen Sätzen wird hier berichtet, dass ein Dreizehnjähriger in Sanliurfa versehentlich statt einer Schlange im Garten seine schwangere Nachbarin erlegt hat und außerdem seine Schwester verletzt.
Nicht eingegangen wird auf die Frage, wie ein Kind an eine Schusswaffe gerät und warum ein immerhin nicht mehr ganz kleiner Jugendlicher meint, dass das Erlegen von Schlangen mit Schrotflinten eine gute Idee sei.
Dabei geht die stiftung umut sogar davon aus, dass jährlich 3000 (!) Menschen in der Türkei durch Schusswaffen sterben. 700 davon aus Versehen. Da werden Ehefrauen erschossen, Kinder durch Freudenschüsse auf Hochzeiten oder nach Fußballspielen tödlich getroffen oder eben auch mal eine Nachbarin, die zu nah bei einer Schlange stand. In jedem dritten Haushalt gibt es eine Waffe und jeder Zehnte ist bewaffnet. 80% der Waffen sollen griffbereit sein: Im Halfter, im Auto, unter dem Kopfkissen oder in der Schublade.
Aber anscheinend muss man sich in der Türkei noch wehren: Gegen Bären, Schlangen, Angreifer, Feinde... Interessant wäre es zu wissen, wie viele Menschen ihr Leben tatsächlich durch Waffengebrauch retten konnten und wie viele der 3000 (zugegeben eine unwahrscheinlich hohe Zahl) gar nicht in Gefahr gewesen wären, hätte es die Waffen nicht gegeben...
Änderungen der Waffengesetze werden zwar immer wieder diskutiert, aber einen sinnvollen Konsens findet man nicht. Skurril war einst der Vorschlag, dass man die Genehmigung der Ehefrau einholen müsse, um einen Waffenschein zu bekommen. Nicht schlecht, die kann ihren Mann womöglich am besten einschätzen und ahnt sicher, ob irgendwann sie selbst in den Lauf der Flinte blicken wird, oder doch tatsächlich ein Braunbär, der sich in die Innenstadt von Istanbul verirrt hat...
Aber nicht einmal ein Heraufsetzen des Waffenalters auf 24 scheint möglich, wir wollen ja gerade unsere Jüngsten nicht schutzlos der Natur ausliefern.
So wird wohl alles bleiben, wie es ist. Wenn ein Dreizehnjähriger aus Versehen eine Familie zerstört, dann ist das eine Kurzmeldung auf Seite 3 und am 28. September wird von der Stiftung Umut wie jedes Jahr eine spektakuläre Aktion stattfinden, um auf die Opfer aufmerksam zu machen...

1 Kommentar:

  1. Vielleicht sind die Schätzungen von Umut gar nicht so übertrieben: Heute berichtete ZAMAN, dass ein Mann seinen Schwager erschossen habe, weil sich Wildschweine im Kohlfeld tummelten. Man kann über die Kombination aus Speck und Kohl denken, was man möchte, aber heute hatten wir zwei Opfer, die "aus Versehen" von einer Schusswaffe getötet wurden und hochgerechnet kommt man dann tatsächlich leicht auf 700...

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