Mittwoch, 17. August 2011

Fern ab der Konsumwüste


Faszinierend ist immer wieder das Stadtviertel Eminönü und die daran angrenzenden Bezirke. Hier schlägt das Handelsherz der Metropole so nah am Menschen, dass man mit jedem Atemzug spürt, wie es pulsiert. Dabei kreuzen sich hier die Wege der Touristen mit denen der einfachen Händler wie kaum sonst irgendwo in der Stadt. Während die Route vom Goldenen Horn und den Brücken vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten bis zum Großen Bazar und der Hagia Sophia, dem Topkapi Palast und dem Hippodrom führt und damit zu scharen Touristen anzieht, die bereit sind ihr Geld in billige Souvenirs, Schals, Porzellan und "Turkish Viagra" zu investieren, besteht parallel dazu eine ganz andere, eigene Welt.
Da gibt es beispielsweise den Kaffeeröster Mehmet Efendi, der bereits seit 1871 Kaffee röstet und mahlt, man findet ihn einfach immer der Nase nach...

Oder das Mahpuccular Han: Ein Paradies für kreative. Hier findet man jede Art von Perle, Anhänger, Bändchen, Verschluss, Kette und was noch immer gerade benötigt werden kann, um Schmuck nach alter oder neuer Mode zu fädeln. Wer einen der unscheinbaren Eingänge in das Geschäftshaus entdeckt hat, wird mit Läden auf fünf Stockwerken überrascht, die eine Vielfalt bieten, wie man sie sich in den kühnsten Träumen kaum vorstellen mag.

Dann wäre da die Dogu Bank. Ein Geschäftshaus, dass sich - ebenfalls hinter einem unscheinbaren, doch sehr belebten Eingang -  auf elektronische Artikel konzentriert. Sei es ein Rasierapparat, ein Drucker, eine Kamera oder ein neues I-Phone (möglicherweise auch nur ein Telefon, das letzterem zum Verwechseln ähnlich sieht), alles kann man hier finden. Und wer fürchtet in diesem Treiben unter zu gehen, der irrt: Die Händler sind oft alt eingesessen, erinnern sich an Stammkunden und gewähren sogar auf den billigsten MP3 Spieler noch Garantie: natürlich auch ohne den Kassenzettel, den den gibt es nicht unbedingt zum Kaufgeschäft dazu. Unter Ehrenmännern sollte ein Händedruck reichen.

Oder das Sark Is Hani - hier kommen die Waren aus Südosten an. Stockwerk um Stockwerk drängeln sich Läden mit Kleidung, Elektroartikeln, Deko, Schmuck, Tüchern, sogar Möbeln und Porzellan. Hier sind Groß- und Einzelhändler nebeneinander und wer hier heraus kommt, ohne etwas gekauft zu haben,  kann nur von der Fülle des Angebots erschlagen gewesen sein.

Traurig hingegen ist der Tiermarkt, gleich neben dem ägyptischen Bazar. Hier fristen Hühner, Hamster, Tauben, Schildkröten, Katzen und Hunde ein trauriges Dasein in viel zu engen Käfigen. Auch Futter, Pflanzen, Saatgut und Aquarien werden feil geboten, dazu noch Blutegel und Kräuter, die als Hausmittelchen angepriesen werden. Tierschutzgesetzte sollten eigentlich auch hier greifen, doch der Handel mit kränklichen Rassekatzen scheint lukrativ zu sein. Denn so hart es klingt: Wenn das Tier eingeht, dann gilt auch hier das "Umtauschrecht": Immerhin sind die Tiere ja nicht gerade günstig.

Die Liste ließe sich noch ewig fort setzen. Denn im Straßengewühl zwischen Goldenem Horn und Großen Bazar gibt es unzählige Läden, Karawansereien, Geschäftshäuser, Stände und Händler. Was man hier nicht findet, das gibt es schlicht nicht oder kann es schlicht nicht geben. Während Touristen häufig die unscheinbaren Eingänge übersehen und nicht ahnen, welche geheimen Welten sich hinter den Toren verbergen, scheinen die Einheimischen oft zu sehr im Alltag gefangen, als dass sie noch merken können, welchen Schatz sie hinter bröckelnden Fassaden bewahren...

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